Nachrichten IP-Recht
Aktuell im IPRB
Mit dem Gesetz über digitale Dienste bzw. dem Digital Services Act reagiert die EU auf die Entwicklung der immer größer werdenden Online-Plattformen wie z.B. Amazon. Da diese quasi-zu öffentlichen Räumen für den Informationsaustausch und den Online-Handel geworden seien, bürgen sie besondere Risiken für die Rechte der Nutzer, den freien Informationsfluss und die öffentliche Beteiligung, so die Europäische Kommission. Ziel ist es, die unterschiedlichen Rechtsvorschriften in den einzelnen Mitgliedsländern zu vereinheitlichen und somit kleineren Plattformen, KMU und Start-Ups das Wachstum zu erleichtern und zu ermöglichen, wie auch ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen. Es soll ein sicheres, berechenbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld sichergestellt werden, das der Verbreitung rechtswidriger Online-Inhalte und den gesellschaftlichen Risiken, die die Verbreitung von Desinformation oder anderen Inhalten mit sich bringen kann, entgegenwirkt, und in dem die in der Charta verankerten Grundrechte wirksam geschützt und Innovationen gefördert werden (Erwägungsgrund 9 der VO 2022/2065/EU). Der Beitrag stellt die neuen Regelungen des Gesetzes über digitale Dienste vor.
Zum 1.6.2023 wird das Einheitliche Patentgericht (EPG) seine Arbeit aufnehmen und künftig mit unmittelbarer Wirkung für alle beteiligten EU-Mitgliedstaaten in einem einheitlichen Verfahren über die Verletzung und Gültigkeit von Patenten nach dem Europäischen Patentübereinkommen sowie dem neuen EU-Einheitspatent entscheiden. Das neue EU-Einheitspatent ist ebenfalls ab dem 1.6.2023 verfügbar.
EuG v. 24.5.2023 - T-2/21
Der Begriff Emmentaler kann nicht als Unionsmarke für Käse geschützt werden. Da die Marke für die maßgeblichen deutschen Verkehrskreise eine Käsesorte beschreibt und nicht als geografische Herkunftsangabe für den betreffenden Käse wahrgenommen wird, genießt sie als Kollektivmarke keinen Schutz.
OLG Hamm v. 27.4.2023 - 4 U 247/21
Die Einschränkung des Urheberrechts durch die Panoramafreiheit, die eine unentgeltliche Nutzung gestattet, schließt nur diejenigen Perspektiven ein, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen. Hierzu gehört nicht der Luftraum. Der Einsatz von Hilfsmitteln zur Erlangung einer anderen Perspektive (hier: mittels einer Drohne gefertigte Bildaufnahmen) ist nicht mehr von der urheberrechtlichen Panoramafreiheit gedeckt.
BGH v. 9.2.2023 - I ZR 61/22
Den Schuldner einer einstweiligen (Beschluss-)Verfügung trifft gegenüber dem Gläubiger mit Ablauf der Wartefrist von im Regelfall zwei Wochen, die der Gläubiger vor der Versendung eines Abschlussschreibens einzuhalten hat, eine Aufklärungspflicht über den Entschluss zur Erhebung eines Widerspruchs gegen die einstweilige (Beschluss-)Verfügung. Wird der pflichtwidrig unterlassene Hinweis des Schuldners adäquat kausal für die Kosten eines - objektiv nicht mehr erforderlichen - Abschlussschreibens des Gläubigers, kann das einen Schadensersatzanspruch des Gläubigers nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB auslösen.
BGH v. 16.5.2023 - VI ZR 116/22
Private Tagebuchaufzeichnungen, die von den Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt worden sind, stellen keine "amtlichen Dokumente" des Strafverfahrens im Sinne von § 353d Nr. 3 StGB dar. Der BGH hat das gegenüber einem Presseverlag ausgesprochene Verbot der wörtlichen Wiedergabe von Tagebuchauszügen aufgehoben.
LG Düsseldorf v. 12.1.2023 - 14c O 95/22
Bei der Auslegung des § 27 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 2 TabakerzV kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass selbst solche Rechtsnormen, die zum Schutze der menschlichen Gesundheit strengste Anforderungen an den Gehalt und die Reinheit bestimmter Inhaltsstoffe stellen, gewisse Toleranzen zulassen. So sind im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren vom Hersteller angemessene Toleranzbereiche für den Wirkstoffgehalt der arzneilichen Wirkstoffe anzugeben und einzuhalten.
BGH v. 9.3.2023 - I ZR 167/21
Die gem. Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGV) erforderliche Prüfung, ob Erscheinungsmerkmale ausschließlich durch die technische Funktion des Erzeugnisses (hier: Tellerschleifgerät) bedingt sind, ist für jedes den Gesamteindruck prägende Merkmal gesondert anhand aller für den Einzelfall maßgeblichen objektiven Umstände vorzunehmen.
BGH v. 20.4.2023 - I ZR 108/22
Sind "ähnliche Hinweise" i.S.v. Art. 72 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 nur solche in einer Werbung enthaltenen Hinweise, die genauso wie die in dieser Vorschrift ausdrücklich aufgezählten Begriffe die Eigenschaften des Biozids hinsichtlich der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit in pauschaler Weise verharmlosen, oder fallen unter "ähnliche Hinweise" alle Begriffe, die hinsichtlich der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit einen den konkret aufgezählten Begriffen vergleichbaren verharmlosenden, nicht aber zwingend auch einen generalisierenden Gehalt wie diese aufweisen?
LG Düsseldorf v. 24.3.2023 - 38 O 92/22
Lenkt der Unternehmer in seiner kommerziellen Kommunikation die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf bestimmte, seiner Sphäre zuzuordnende Umstände, von denen der Verbraucher typischerweise keine (nähere) Kenntnis hat, ist von dem Unternehmer zu erwarten, den Verbraucher in die Lage zu versetzen, die Richtigkeit der Werbeaussage prüfen und ihre Bedeutung einschätzen zu können. Das gilt auch und gerade dann, wenn umweltbezogene Begriffe verwendet werden.
OLG Brandenburg v. 18.4.2023 - 6 W 31/23
Die vorvertragliche Informationspflicht wird nicht bereits durch das Bestehen einer Garantie als solche ausgelöst, sondern nur dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran hat, Informationen über die Garantie zu erhalten, um sich zu entscheiden, ob er den Vertrag abschließt. Die bloße Erwähnung einer Garantiekarte in der Inhaltsangabe der abfotografierten Verpackung stellt kein Angebot auf Abschluss eines Garantievertrages dar.
EuGH v. 4.5.2023 - C-487/21
Das Recht, eine „Kopie“ der personenbezogenen Daten zu erhalten, bedeutet, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten ausgefolgt wird. Dieses Recht impliziert das Recht, eine Kopie von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus Datenbanken, die diese Daten enthalten, zu erlangen, wenn dies unerlässlich ist, um der betroffenen Person die wirksame Ausübung der ihr durch die DSGVO verliehenen Rechte zu ermöglichen.
Aktuell im IPRB
Unterlassungserklärungen sind ein wichtiges und effektives Mittel der außergerichtlichen Streitbeilegung. Immer wieder hatte die Rechtsprechung im Verlauf der Jahre die Möglichkeit, Anforderungen an die Inhalte von strafbewehrten Unterlassungserklärungen zu konkretisieren. Das kürzlich ergangene BGH-Urteil v. 1.12.2022 – I ZR 144/21 – Wegfall der Wiederholungsgefahr III führt diese Entwicklung fort. Der nachfolgende Beitrag ordnet die Entscheidung in das bisherige System ein und stellt die zentralen Weichenstellungen und neuen Erkenntnisse hierzu vor.
OLG Düsseldorf v. 2.5.2023 - V-6 Kart 1/20 (OWi)
Das OLG Düsseldorf hat im Kartellbußgeldverfahren gegen die Carlsberg Deutschland Holding GmbH eine Geldbuße i.H.v. 50 Mio. € verhängt. Das Verfahren gegen den früheren Geschäftsführer war zuvor eingestellt worden.
BGH v. 12.1.2023 - I ZR 86/22
Angesichts der jahrzehntelangen Üblichkeit detailgetreuer Nachbildungen im Modellspielzeugbau und der Erwartung, die der Verkehr hieran stellt, besteht ein berechtigtes Interesse, ein in der Realität vorkommendes Fahrzeug nachzubauen und darauf nicht nur - wie in der Wirklichkeit - das Kennzeichen des Herstellers des jeweiligen Fahrzeugs, sondern auch Kennzeichen anzubringen, die Unternehmen auf solchen Fahrzeugen zum Zwecke der Werbung für ihre Dienstleistungen (hier:“ DACHSER“) verwenden.
OLG Düsseldorf v. 27.4.2023 - I-20 U 41/22
Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen den angegriffenen Text „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ in Bezug auf die Warenklasse „Spirituosen“ lediglich als glatt beschreibenden Sachhinweis auf die Beschaffenheit des beworbenen Produkts - nämlich das „Ei“ als Kernzutat von Eierlikör – und nicht als einen Hinweis auf die Herkunft der Ware aus dem Unternehmen, das sich im Jahr 1979 die deutsche Wortmarke „Eieiei“ hat sichern lassen. Die fünffache Wiederholung des Wortes „Ei“ führte nicht zu einer entscheidenden Änderung dieses Verkehrsverständnisses.
OLG Köln v. 23.12.2022 - 6 U 83/22
Die Bewertung eines Mitbewerbers durch Vergabe eines von möglichen fünf Sternen in einem Internetdienst ist auch dann ein pauschal herabsetzendes Werturteil im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG, wenn zwar ein beruflicher Kontakt bestand, dieser Kontakt aber gerade keine erkennbare Grundlage für die Bewertung war.
Das Bundeskartellamt hat entschieden, dass die Apple Inc., Cupertino, USA, ein Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb ist. Damit unterliegt Apple gemeinsam mit seinen Tochterunternehmen der erweiterten Missbrauchsaufsicht des § 19a GWB.
BGH v. 12.1.2023 - I ZR 49/22
Es fehlt in der Regel nicht an der Ernstlichkeit einer Unterlassungsverpflichtungserklärung, wenn der Unterlassungsschuldner dem Verlangen des Unterlassungsgläubigers nicht nachkommt, innerhalb der gesetzten Frist eine unterschriebene Unterlassungsverpflichtungserklärung im Original zu übersenden, sondern er stattdessen fristgemäß eine unterschriebene Erklärung als PDF-Datei per E-Mail übersendet.
EuGH v. 20.4.2023 - C-775/21 u.a.
Die Ausstrahlung eines Musikwerks als Hintergrundmusik in einem Personenbeförderungsmittel stellt eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Unionsrechts dar. Auf die bloße Einrichtung einer Lautsprecheranlage und gegebenenfalls einer Software an Bord eines Beförderungsmittels, die die Ausstrahlung von Hintergrundmusik ermöglichen, trifft dies dagegen nicht zu.
Aktuell im IPRB
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich mit Schreiben vom 2.8.2022 (BMF, Schr. v. 2.8.2022 – IV B 8 - S 2303/19/10004 :001 – DOK 2022/0641147) mit den Auswirkungen der Reform des Urheberrechtsgesetzes durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31.5.2021 (BGBl. I 1204) auf den Steuerabzug des § 50a Abs. 1 Nr. 3 EstG bei der Softwareauftragsentwicklung befasst. Der Beitrag stellt im Anschluss und in Fortsetzung des Beitrags des Verf., Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG und wirtschaftlicher Rechteverkauf im Sinne des Urheberrechtsgesetzes unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung, IPRB 2021, 124 ff., die für die Frage der quellensteuerlichen Behandlung von Software-Entwicklungsverträgen wesentlichen Aussagen und Abgrenzungskriterien des BMF-Schreibens vor.
LG Frankfurt a.M. v. 6.4.2023 - 2-24 O 133/22
Die Pflicht zu Prüfung und Korrektur von Reifendruck und Betriebsflüssigkeiten stellt eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar, weil sich ein Mieter eines Fahrzeuges darauf verlassen darf, dass der Vermieter die für den Gebrauch des Fahrzeuges notwendige Voraussetzungen geschaffen hat. Nach dem Grundsatz der sog. kundenfeindlichsten Auslegung können Klauseln nicht eingeschränkt zugunsten des Verwenders ausgelegt werden. Vielmehr ist die Auslegung zugrunde zu legen, die für den Verbraucher am ungünstigsten ist.
BGH v. 26.1.2023 - I ZR 15/22
Verpackte Produkte - wie Butter und Mischstreichfette - können Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes sein. Einem verpackten Produkt kann wettbewerbliche Eigenart zukommen, wenn die äußere Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale der Verpackung des Produkts geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten der darin verpackten Ware hinzuweisen. Eine Herkunftstäuschung durch eine nachgeahmte Produktverpackung ist bei unterschiedlichen Produkt- oder Herstellerbezeichnungen nicht stets ausgeschlossen, wenn nicht alle wesentlichen Gestaltungsmerkmale des Originals identisch übernommen werden.
OLG Hamburg v. 30.3.2023 - 15 U 63/22
Die Werbung eines Mobilfunkproviders mit den Begriffen „D-Netz“, „D-Netz Qualität“ oder „D-Netz Garantie“ ist nicht gem. § 5 Abs. 1 UWG als irreführend zu untersagen, wenn der Kunde mit den beworbenen Tarifen in den Netzen der Deutschen Telekom oder Vodafones telefonieren und surfen kann. Eine vergleichende Werbung i.S.d. § 6 Abs. 1 UWG liegt auch in einem Markt mit nur drei Anbietern wie den Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland nicht vor, wenn die Werbung die Netzqualität zweier Anbieter hervorhebt („Komm in die Welt des vollen Empfangs“), aber keinen Bezug zum dritten Anbieter herstellt.
OLG Frankfurt a.M. v. 27.3.2023 - 17 W 8/23
Wurde ein privat genutztes Facebook-Konto aus Sicherheitsgründen gesperrt, hat der Nutzer im Eilverfahren keinen Anspruch auf Freischaltung, wenn Facebook bereits die unwiederbringliche Kontolöschung untersagt wurde. Dass der Nutzer vorübergehend bis zum Abschluss eines etwaigen Hauptverfahrens seine privaten Kontakte über Facebook nicht pflegen kann, ist hinzunehmen.
The Italian SA imposed an immediate temporary limitation on the processing of Italian users’ data by OpenAI, the US-based company developing and managing the platform. An inquiry into the facts of the case was initiated as well. According to the Italian SA personal data is collected unlawfully and no age verification system is in place for children.
Das Bundeskartellamt hat am 28. März 2023 ein Verfahren gegen Microsoft eingeleitet, um zu prüfen, ob dem Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt.
OLG Brandenburg v. 7.2.2023 - 6 U 55/22
Der Einsatz von Kundenbewertungen als Werbemittel stellt als ein auf die Förderung des eigenen Absatzes gerichtetes Verhalten eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG a.F. dar. Eine solche ist nach § 5 Abs. 1, 2 UWG bzw. § 5 Abs. 1 UWG a.F. unlauter, wenn sie unwahre Angaben beinhaltet oder sonst zur Täuschung über die in § 5 Abs. 2 UWG genannten Umstände geeignet ist, und hierdurch bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise eine irrige Vorstellung über das Angebot hervorgerufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise beeinflusst werden kann.
LG Köln v. 2.2.2023 - 14 O 48/22
Nicht zuletzt erschien der Umstand wertprägend, dass es sich beim Kläger um einen international renommierten Fotokünstler handelt. Auch insoweit hielt die Kammer einen Aufschlag i.H.v. 30 % für angemessen. Damit war der Grundbetrag von 869 € um insgesamt 110 % zu erhöhen, sodass sich ein Betrag von 1.824 € ergab. Der Betrag war wegen fehlender Urheberbenennung zu verdoppeln.
OVG NRW v. 21.3.2023 - 13 B 381/22
Die in § 3b des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz - NetzDG) vorgesehene Pflicht, ein Gegenvorstellungsverfahren vorzuhalten, ist auf in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässige Anbieter sozialer Netzwerke teilweise nicht anwendbar. Das hat das OVG vorläufig festgestellt und damit einen Eilbeschluss des VG Köln teilweise geändert.
BGH v. 26.1.2023 - I ZR 111/22
Für die Klagebefugnis eines Verbands kommt es grundsätzlich nicht darauf an, über welche mitgliedschaftlichen Rechte dessen - mittelbare oder unmittelbare - Mitglieder verfügen. Wie bei mittelbaren Mitgliedern kommt es auch bei unmittelbaren Mitgliedern auf deren Stimmberechtigung nur an, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ihre Mitgliedschaft allein bezweckt, dem Verband die Klagebefugnis zu verschaffen.
Aktuell im IPRB
SLAPP-Klagen („strategic lawsuits against public participation“) sollen nach einem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission künftig erschwert werden. Konkret geht es um die Abwehr offenkundig missbräuchlicher oder unbegründeter Zivilklagen gegen Journalisten, Personen oder Organisationen, die sich für die Verteidigung der Grundrechte und einer Vielzahl anderer Rechte einsetzen, z.B. Umwelt- und Klimarechte, Frauenrechte, Rechte von LGBQTIQ-Personen, Rechte von Angehörigen einer ethnischen Minderheit, Arbeitsrechte oder religiöse Freiheiten. Mit SLAPP-Klagen sollen Personen, die sich für die genannten Rechte öffentlich einsetzen, eingeschüchtert und daran gehindert werden, ihre Arbeit fortzusetzen, wodurch das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Informationsfreiheit und eine pluralistische öffentliche Debatte gefährdet sein können. Das Richtlinienvorhaben will Gerichte und die betroffenen Beklagten mit Instrumenten zur Abwehr derartiger missbräuchlicher Klagen ausstatten. Der Beitrag stellt den Richtlinienentwurf der EU-Kommission vor und gibt eine kurze Übersicht über den aktuellen Diskussionsstand.
BGH v. 15.12.2022 - I ZR 173/21
Der Grundsatz, dass der Umfang des urheberrechtlichen Schutzes eines Werks der angewandten Kunst nicht geringer als bei anderen unter die Richtlinie 2001/29/EG fallenden Werken ist (dazu EuGH v. 12.9.2019 - C-683/17 - Cofemel), besagt allein, dass bei Werken der angewandten Kunst dieselben Ausschließlichkeitsrechte gewährt werden müssen und hinsichtlich der Reichweite dieser Rechte dieselben Rechtsmaßstäbe anzulegen sind wie bei allen anderen Werkkategorien. Auf die im Einzelfall vorzunehmende Bestimmung des konkreten urheberrechtlichen Schutzbereichs eines Werks, der sich aus seiner Gestaltungshöhe ergibt, bezieht sich diese Aussage hingegen nicht.
OLG Schleswig-Holstein v. 9.3.2023 - 6 U 36/22
Die Bereitstellung eines Links zur sog. OS-Plattform (Internetplattform zur Online-Streitbeilegung) ist zwar verpflichtend (Art. 14 Abs. 1 VO (EU) Nr. 524/2013), die Teilnahme an der Online-Streitbeilegung aber nicht. Insofern ist die Bedeutung eines funktionstüchtigen Links nicht zu hoch zu bewerten. Entsprechend gering ist der Nachteil zu gewichten, der dem Verbraucher durch die Funktionsuntüchtigkeit des Links entsteht.
OLG Hamburg v. 22.2.2023 - 5 U 28/22
Es handelt sich bei der Verfügungsmarke „BOSS“ um eine ernsthaft und markenmäßig vom HUGO BOSS-Konzern benutzte Marke. Das Verständnis als Marke in der Marke ist bei „BOSS“ in „THE REAL BOSS“ jedenfalls bei einer Deutung gegeben („Das wahre BOSS“). Eine absolute Zeichenunähnlichkeit ist hingegen nicht gegeben. Auch die Zeichen „BOSS“ und „I AM THE BOSS“ sind ähnlich und nicht absolut unähnlich.
OLG Frankfurt a.M. v. 14.3.2023 - 11 U 20/22
Die Verkaufsplattform eBay unterfällt selbst nicht den Vorgaben des Buchpreisbindungsgesetzes. Ihre einmalige Adventsrabattaktion, bei der u.a. beim Kauf von Büchern die Letztabnehmer lediglich 90% des Kaufpreises zahlen mussten, während eBay 10% an den Buchhändler entrichtete, führte auch nicht zu einem Verstoß der Buchhändler gegen das BuchPrG.
EuGH v. 9.3.2023 - C-356/22
Gesundheitsbezogene Warnhinweise auf der Packung oder Außenverpackung eines Tabakerzeugnisses sind nicht allein deshalb "verdeckt" i.S.v. Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Tabakrichtlinie, weil dieses Erzeugnis in einem Warenausgabeautomaten vorrätig gehalten wird und deshalb von außen überhaupt nicht sichtbar ist.
LG München I v. 3.3.2023 - 37 O 6688/22
Soweit die Klägerin im Zuge ihres Sach- und Rechtsvortrags dem aus ihrer Sicht erfolgten vergaberechtlichen Verstoß durch die Beklagte Indizwirkung für die Frage einer unzulässig gewährten Beihilfe zugeschrieben hatte, änderte dies an dem vorstehend bezeichneten Streitgegenstand nichts. Und für den Rechtsstreit über diesen Streitgegenstand ist der ordentliche Rechtsweg eröffnet, da es sich um eine bürgerlich rechtliche Streitigkeit handelt.
BGH v. 10.11.2022 - I ZR 8/19
Händler i.S.d. § 54b Abs. 1 UrhG ist, wer gewerblich Geräte und Speichermedien erwirbt und weiterveräußert, also Kaufverträge über diese Produkte abschließt. Es ist mit Blick auf die aus Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG folgende Ergebnispflicht bei der Gewährung des gerechten Ausgleichs für die Anfertigung von privaten Vervielfältigungen nicht geboten, Online-Marktplätze, die die Vermittlung von Kaufverträgen über vergütungspflichtige Geräte und Speichermedien ermöglichen, in den Kreis der Schuldner der Gerätevergütung aufzunehmen. Die analoge Anwendung des § 54b Abs. 1 UrhG auf Internet-Marktplätze kommt nicht in Betracht.
OLG Braunschweig v. 9.2.2023 - 2 U 1/22
Das OLG Braunschweig hat die Nutzung des Begriffs „smava“ als Keyword bei der Suchmaschine Google durch eine Betreiberin eines Vergleichsportals für Kreditvermittlungsangebote im Internet für zulässig befunden, da hiermit noch keine Verletzung der Marke oder Unternehmenskennzeichnung vorliege.