Otto Schmidt Verlag

Aktuell im IPRB

What’s next? Aktuelle Gesetzgebungsvorhaben aus dem grünen Bereich - Aus der Arbeit des Gesetzgebungsausschusses Geistiges Eigentum beim DAV (Bühling/Jaeger-Lenz, IPRB 2023, 256)

Im gewerblichen Rechtsschutz ist gegenwärtig eine ganze Reihe aktueller Gesetzgebungsvorhaben zu beobachten, die vornehmlich aus Brüssel stammen. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die aktuellen Projekte mit ihren jeweiligen Highlights. Zugleich gewährt dieser Beitrag einen Einblick in die Arbeit des Gesetzgebungsausschusses im Rahmen der verschiedenen Projekte.

A. Gesetzgebungsausschuss Geistiges Eigentum
B. Patentrecht

I. Standardessentielle Patente (SEPs)
1. Entwurf einer Verordnung über Standardessentielle Patente
2. Geplante Maßnahmen
3. Kritikpunkte
II. Zwangslizenzen
1. Vorschlag für eine Verordnung über die Vergabe von Zwangslizenzen für das Krisenmanagement
2. Geplante Maßnahmen
3. Nächste Schritte
III. Ergänzende Schutzzertifikate (SPCs)
1. Verordnungsentwürfe
2. Geplante Maßnahmen
a) Einheitliches Schutzzertifikat für europäische Patente mit einheitlicher Wirkung
b) Einheitliches Verfahren für sonstige SPCs
3. Problemkreise
C. Markenrecht
I. Schutz geographischer Herkunftsangaben für handwerkliche und gewerbliche Erzeugnisse
II. Geographische Herkunftsangaben für Wein, Spirituosen und landwirtschaftliche Erzeugnisse
D. Designrecht
E. Lauterkeitsrecht

I. Änderung der UGP- und Verbraucherrechte – Richtlinien
II. Richtlinie zur Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen
F. Urheberrecht
1. Bekämpfung der Online-Piraterie von Liveinhalten
2. E‑Book-Verleih durch Bibliotheken
3. Nicht-verfügbare-Werke-Verordnung
G. Medienrecht
I. Medienspezifische Themen
1. Politische Werbung
2. Europäisches Medienfreiheitsgesetz
3. SLAPP-Richtlinie und Gesetz gegen digitale Gewalt
II. Data Act
III. KI-Verordnung
H. Schlussbemerkung


A. Gesetzgebungsausschuss Geistiges Eigentum

Die Arbeit des DAV vollzieht sich zu einem großen Teil in seinen Gesetzgebungsausschüssen. Einer davon behandelt das Gebiet des sog. Geistigen Eigentums, also vornehmlich den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und das Lauterkeitsrecht. Gegenwärtig besteht der Ausschuss aus 12 Mitgliedern, die jeweils für unterschiedliche Bereiche des Geistigen Eigentums verantwortlich sind. Die grobe Aufteilung umfasst Patentrecht, Markenrecht, Designrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht und sonstige Gebiete. Überschneidungen sind dabei selbstverständlich. Auch andere Rechtsgebiete, die verantwortlich von anderen Gesetzgebungsausschüssen des DAV behandelt werden, zeigen immer wieder Auswirkungen auf den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht. Auch in diesen Fällen wird der Ausschuss Geistiges Eigentum in die Arbeit einbezogen.

Nicht umsonst erfolgt die Betreuung des Ausschusses durch das Brüsseler Büro des DAV. Wie man im weiteren Verlauf dieses Berichts erkennen kann, werden maßgebliche Entwicklungen im gewerblichen Rechtsschutz auf der EU-Ebene angestoßen, wobei die EU-Kommission als Motor fungiert. Rein nationale Gesetzgebungsvorhaben, die nicht auf EU-Rechtssetzungsakte zurückgehen, sind dem gegenüber eher selten und bilden in der praktischen Arbeit des Ausschusses die Ausnahme.

Der Ausschuss begleitet eng die Gesetzgebung auf europäischer und nationaler Ebene. Dies geschieht in erster Linie durch die Erarbeitung von Stellungnahmen des DAV, aber auch durch die Teilnahme an Expertengesprächen oder Anhörungen, den Kontakt mit den Berichterstattern in den parlamentarischen Ausschüssen oder auch sonstige Informationsveranstaltungen.

Da die Projekte an Intensität zunehmen und häufig eine kurze Reaktionszeit erfordern, gibt es verschiedenen Überlegungen, die Effektivität des Ausschusses zu erhöhen. Dazu gehört u.a. die Einrichtung eines Pools von Mitgliedern des DAV, die zwar nicht feste Ausschussmitglieder sind, gleichwohl aber für einzelne Projekte auf Abruf zur Verfügung stehen, um die Mitglieder des Ausschusses bei der Erarbeitung von Stellungnahmen oder dergleichen zu unterstützen. Angesprochen sind damit insbesondere solche Kolleginnen und Kollegen, die an der Gesetzgebung Interesse haben und die damit verbundene Chance einer frühen Einflussnahme auf geplante Gesetzesänderungen ergreifen möchten. Interessierte sind bei unserer Tätigkeit immer willkommen.

B. Patentrecht
Die EU-Kommission hat als Teil ihres schon im November 2020 verabschiedeten „IP Action Plan“ im April 2023 ein Patentpaket geschnürt und auf den Weg gebracht, mit dem verschiedene Regelungsbereiche erfasst werden. Dazu ist vorauszuschicken, dass Patente auf europäischer Ebene die am wenigsten harmonisierten Schutzrechte darstellen. Erstmals mit der Schaffung des Einheitlichen Patentgerichts (Unified Patent Court) und des Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung (European Patent with unitary effect) haben sich die Bedingungen soweit verändert, dass eine weitergehende Harmonisierung realistischer erscheint. Zudem ergeben sich aus den neuen EU-weiten Regelungen zwangsläufig Anforderungen, auf die der europäische Gesetzgeber reagieren muss. Allerdings waren einige der Projekte unabhängig davon auch schon zuvor in der Diskussion.

I. Standardessentielle Patente (SEPs)
Standardessentielle Patente sind von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Während der ursprüngliche Schwerpunkt in der reinen Telekommunikation (Mobilfunk) und dem Audio- und Videobereich lag, kommen auch die jüngsten technischen Entwicklungen insbesondere im Automobilbereich und verwandten Technologien nicht ohne SEPs aus. Das Internet of Things (IoT) teilt dieses Schicksal.

Standardessentielle Patente sind solche Patente, die zwangsläufig bei der Anwendung eines bestimmten technischen Standards benutzt werden müssen. Dabei ergibt sich zwangsläufig das Spannungsfeld zwischen der Monopolstellung als Patentinhaber einerseits und der Notwendigkeit anderer Marktteilnehmer, den technischen Standard nutzen zu können. Die Geltendmachung von Patentrechten darf in diesem Bereich nicht zu einer Verhinderung des Marktzutritts führen. Damit eine patentgeschützte Lösung in einen technischen Standard Eingang finden kann, bedarf es...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 18.01.2024 11:07
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite