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Aktuell im IPRB

NFTs - marken-, urheber- und persönlichkeitsrechtliche Facetten des Phänomens (Middelhoff/Zarm, IPRB 2022, 270)

Der Beitrag setzt sich mit der rechtlichen Einordnung von NFTs aus marken‑, urheber- und persönlichkeitsrechtlicher Sicht auseinander und unterbreitet Lösungsansätze im Hinblick auf einige der sich auftuenden Rechtsfragen. Ein weiterer Fokus wird auf die vertragsrechtliche Gestaltung von NFT-Projekten gelegt.

I. Einleitung
II. Technischer Hintergrund
III. Markenrechtliche Facetten

1. Erlangung von Markenrechtsschutz für NFTs
2. Markenverletzungen durch NFTs
3. Erschöpfung
IV. Urheberrechtliche Facetten
1. NFT als urheberrechtliches Werk
2. Urheberrechtsverletzungen im Zusammenhang mit NFTs
3. Erschöpfung
V. Persönlichkeitsrechtliche Facetten
VI. Vertragsrechtliche Facetten
VII. Fazit



I. Einleitung
Auch im Jahr 2022 dreht sich in der digitalen Welt vieles um NFTs („Non-Fungible Tokens“). Ungeachtet der (kommerziellen) Vorteile, die mit der Verknüpfung eines digitalen Contents mit einem NFT einhergehen, führt deren steigende Popularität zwangsläufig zu Konflikten im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts. Es ist sicher davon auszugehen, dass Rechtstreitigkeiten rund um NFTs in der Zukunft nicht nur in Deutschland, sondern auch auf Europäischer Ebene deutlich zunehmen werden. Dies liegt nicht zuletzt an der stetig wachsenden Bedeutung des Metaverse. In diesem bieten NFTs die Möglichkeit, digitale Güter nachweissicher zu handeln und zwischen den Plattformen verschiedener Anbieter zu transferieren. NFTs liefern daher einen wichtigen Beitrag zur angestrebten Interoperabilität des Metaverse und sind mithin eine Schlüsseltechnologie für den Vertrieb von digitalen Waren.

Da insbesondere auch große Player aus der Mode‑, Sport- und Lifestylebranche NFTs und das Metaverse für sich entdeckt haben, wird ein Schwerpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung mit NFTs im Marken- und Designrecht liegen. Der von NFTs elektrisierte Kunstmarkt hat bereits zu einer verstärkten urheberrechtlichen Diskussion über dieses digitale Angebot geführt.

II. Technischer Hintergrund
Bei Non-Fungible Tokens (NFTs) handelt es sich um eine digitale Darstellung einer einzigartigen Wertmarke (Token), die auf elektronischem Wege transferiert werden kann. Token können mit physischen oder digitalen Objekten verknüpft werden. Dabei spielt die Blockchain-Technologie eine besondere Rolle. Eine Blockchain wiederum ist eine dezentral verwaltete Datenbank, auf der eine manipulationssichere Kette von Datenblöcken mit Transaktionsdaten entsteht. Der Blockchain hinzugefügte Informationen sind grundsätzlich unveränderbar, transparent einsehbar und sicher verwahrt, so dass sich Informationen über Transaktionen fälschungssicher nachvollziehen lassen. Auf der Blockchain werden die Inhalte des NFTs bzw. Tokens vermerkt, in der Regel der Inhaber, der Ersteller und ein Ziellink zu einer digital darstellbaren Information oder zu einem Werk, nebst einem aus dem Link und den Metadaten des verlinkten Inhalts generierten Hashwertes. Ein NFT selbst stellt in den meisten Fällen nicht den Inhalt dar (etwa die digitale Fußballsammelkarte oder das digitale Kunstwerk), sondern dient, gespeichert auf einer Blockchain, lediglich als Legitimationsnachweis im Hinblick auf den damit verknüpften Inhalt.

Das zugrunde liegende technische Protokoll einer jeden Transaktion wird durch sog. Smart Contracts geregelt. Smart Contracts beinhalten unveränderliche Regeln, nach denen bestimmte Ereignisse an dem jeweiligen Datensatz auf der Blockchain automatisiert vorgenommen werden, so dass auf der Blockchain jeder Transaktionsvorgang automatisch und nachvollziehbar protokolliert wird. Dies bedeutet, dass bei jeder Transaktion, sei es bei einem Tausch oder Verkauf von mit NFTs gesicherten Produkten oder Werken, der Inhaber des jeweiligen NFT jederzeit innerhalb der Blockchain nachverfolgbar bleibt. Ein NFT Smart Contract enthält somit neben der Datei und gegebenenfalls deren Ziellink, den Entstehungszeitpunkt des NFTs durch sog. Prägung, die Transaktionshistorie sowie gegebenenfalls weitere Klauseln zur Beteiligung am Weiterverkauf. In der automatisch vorgesehenen Beteilung am Weiterverkauf liegt einer der großen wirtschaftlichen Anreize, einen NFT herauszugeben, da der Erstpräger des NFTs an jedem Weiterverkauf partizipiert, ohne dass er hierfür weitere Schritte unternehmen muss. Wechselt der NFT den Inhaber, wird dem Wallet des Erstellers unmittelbar der festgelegte Anteil gutgeschrieben. Marktüblich sind hier bis zu 10 Prozent des jeweils erzielten Verkaufspreises.

Die verlinkten Inhalte selbst werden üblicherweise entweder zentral auf einem (Cloud-)Server oder dezentral auf Peer-to-Peer Netzwerken abgelegt. Letzteres bietet den NFT-Inhabern eine größere Sicherheit, da die Inhalte nicht etwa durch das „Abschalten“ eines Servers gelöscht werden können. Spiegelbildlich ist es für Rechteinhaber kaum möglich, rechtsverletzende Inhalte wieder entfernen zu lassen.

Beraterhinweis
Wie stets bei digitalen Sachverhalten gilt es für eine rechtliche Einordnung zunächst, den technischen Hintergrund zu verstehen. Bei der rechtlichen Bewertung von NFTs ist in der Rechtsberatung zu beachten, dass in einem NFT meist nur der Link zum Inhalt und den Metadaten auf der Blockchain hinterlegt sind. Dies führt dazu, dass bei einem Verkauf des NFTs lediglich...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.01.2023 09:18
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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