Otto Schmidt Verlag

OLG Frankfurt a.M. v. 17.11.2022 - 6 U 277/21

Verwechslungsgefahr zwischen zwei Wort-/Bildmarken bei geringer Warenähnlichkeit (Terra Greca)

Es entspricht den Erfahrungen des Durchschnittsverbrauchers, dass Teigwaren - wie Nudeln - auch von Unternehmen vertrieben werden, die gleichzeitig Zutaten für Nudelgerichte anbieten. Der Verkehr schließt daher nicht aus, dass Speiseöle und Suppen einerseits und Nudeln andererseits von demselben Unternehmen stammen können. Es kann nicht angenommenen werden, dass der Durchschnittsverbraucher den Begriff „Terra Greca" zutreffend mit „griechischer Erde" oder „aus griechischer Erde" übersetzt.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist Inhaberin der Unionsbildmarke „Terra greca“ mit Priorität vom 18.2.2019, die für Waren der Klasse 29, darunter Fleisch; Molkereiprodukte; Meeresfrüchte; Speiseöle und -fette; Suppen und Brühen, Fleischextrakte; verarbeitetes Obst und Gemüse eingetragen ist. Die Klägerin ist Inhaberin der Unionsbildmarke Nr. 018236425 „Terra greca“ mit Priorität vom 8.5.2020, die u.a. für Nudeln und andere Teigwaren (Klasse 30) eingetragen ist. In einem X-Markt waren Nudelpackungen (Sorte: Penne) vertrieben worden, die auf der Vorder- und Rückseite mit der Marke der Klägerin gekennzeichnet sind. Die Beklagte hat deshalb am 5.11.2020 eine Abnehmerin der Klägerin wegen Verletzung ihrer älteren Marke abgemahnt.

Die Klägerin hielt die Abnehmerverwarnung für rechtswidrig. Das LG hat die Beklagte sinngemäß verurteilt, es zu unterlassen, Abnehmer der Klägerin, die Teigwaren mit der genannten Marke von der Klägerin geliefert bekommen haben oder zukünftig geliefert bekommen werden wegen angeblicher Verletzung der Unionsbildmarke „Terra greca“ und/oder wegen angeblicher wettbewerbswidriger vermeidbarer Herkunftstäuschung, §§ 3, 4 Nr. 3a, 8 UWG, unangemessener Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der nachgeahmten Ware, §§ 3, 4 Nr. 3b, 8 UWG oder gezielter Behinderung, §§ 3, 4 Nr. 4 UWG, und daraus angeblich resultierender Ansprüche auf Unterlassung und/oder Auskunft und/oder Kostenerstattung und/oder Schadensersatz abzumahnen, insbesondere wenn dies wie mit dem Abmahnschreiben vom 5.11.2020 geschieht.

Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG die Entscheidung der Vorinstanz abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche wegen unberechtigter Abnehmerverwarnung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB oder einem anderen Rechtsgrund zu.

Zwischen der Unionsbildmarke „Terra Greca“ der Beklagten und dem verwendeten Wort-/Bildzeichen „Terra Greca“ besteht Verwechslungsgefahr (Art. 9 Abs. 2 b UMV). Es ist eine zumindest geringe Warenähnlichkeit gegeben. Von absoluter Warenunähnlichkeit kann entgegen der Ansicht des LG nicht ausgegangen werden. Es entspricht den Erfahrungen des Durchschnittsverbrauchers, dass Teigwaren - wie Nudeln - auch von Unternehmen vertrieben werden, die gleichzeitig Zutaten für Nudelgerichte anbieten. Der Verkehr schließt daher nicht aus, dass Speiseöle und Suppen einerseits und Nudeln andererseits von demselben Unternehmen stammen können. Warum dies heute anders sein soll, hat die Klägerin nicht plausibel dargelegt. Es war damit zumindest von einer geringen Warenähnlichkeit auszugehen.

Es war mangels abweichender Anhaltspunkte eine durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Wort-/Bildmarke „Terra Greca“ von Haus aus anzunehmen. Die Marke weist einen Bildbestandteil auf, der die Produkte des Warenverzeichnisses nicht beschreibt, sowie den Wortbestandteil „Terra Greca“. Eine originäre Kennzeichenschwäche des Wortbestandteils konnte nicht festgestellt werden. Entgegen der Ansicht des LG konnte nicht angenommen werden, dass der Durchschnittsverbraucher den Begriff „Terra Greca“ zutreffend mit „griechischer Erde“ oder „aus griechischer Erde“ übersetzt. Hierfür sind Fremdsprachkenntnisse erforderlich, die über den Horizont des Durchschnittsverbrauchers, der im Regelfall nur den englischen Grundwortschatz beherrscht, hinausgehen. Auch sonst erschließt sich die Wortbedeutung nicht ohne weiteres.

Mehr zum Thema:

Aufsatz

Holger Alt
Fremdsprachige Wörter als Marken – was ist in Deutschland schutzfähig, was nicht?
IPRB 2021, 239

Aufsatz
Martin Boden / Henry Wu
Hör mal, was da zischt – Überblick zur jüngeren Rechtsprechung zu Hörmarken, Formmarken und Farbmarken
IPRB 2021, 246

Beratermodul IPRB - Recht des geistigen Eigentums und der Medien:
Das exklusive Modul für einen gezielten digitalen Zugriff auf sämtliche Inhalte des IPRB Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO. Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet dieses Modul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 13.12.2022 13:51
Quelle: LaReDa Hessen

zurück zur vorherigen Seite