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Bilder auf der Haut – Das Tätowieren von Fotovorlagen in Kollision mit dem Urheberrecht (Rieck, IPRB 2022, 233)

Die weltbekannte Tätowiererin Katherine von Drachenberg ließ sich beim Tätowieren eines berühmten Porträtfotos des Jazz-Musikers Miles Davis ablichten. Ihr fotorealistisches Tattoo faszinierte Millionen von Followern im Internet. Der Portraitfotograf Jeffrey Sedlik sah in der unlizenzierten Nutzung seines Miles Davis-Portraits sein Urheberrecht verletzt und verklagte die Tätowiererin vor einem US-Gericht. Der spektakuläre Fall „Sedlik v. von Drachenberg“ könnte sich so ähnlich auch in Deutschland ereignen. Fotorealistische Tätowierungen finden wachsenden Zuspruch und können zunehmend in Kollision mit dem Urheberrecht geraten.


I. Einführung

II. Der Fall: Jeffrey B. Sedlik v. Katherine von Drachenberg

III. Stand der deutschen Rechtsprechung und Literatur

IV. Urheberrechtliche Einordnung nach deutschem Recht

1. Vervielfältigung i.S.d. § 16 UrhG

2. Verbreitung i.S.d. § 17 UrhG

3. Bearbeitung und Umgestaltung i.S.d. § 23 UrhG

V. Fazit und Ausblick


I. Einführung

Täglich werden in Deutschland eine Vielzahl von Tattoos gestochen, die auf Fotografien beruhen. Oft dienen Portraits von Familienangehörigen als Vorlage, nicht selten aber auch Fotos von Prominenten. Viele dieser Tattoos dürften aufgrund der mittlerweile vorherrschenden Qualität und Qualifizierung von Tattoo-Artists fotorealistisch ausfallen und zumindest in den ersten Jahren nach Anfertigung in der Haut der Trägerpersonen auch fotorealistisch anzusehen bleiben. Stellen sie deshalb eine Vervielfältigung, gar Verbreitung und möglicherweise auch eine Bearbeitung des Fotos dar? Sind unlizenzierte Tattoos von Fotos Urheberrechtsverletzungen? Welche Ansprüche bestünden gegen wen? Das spektakuläre US-Gerichtsverfahren „Sedlik v. von Drachenberg“ zeigt, dass diese urheberrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Tattoos und Fotos eine erhebliche praktische Relevanz haben.

Die Forschung zur Geschichte des Tätowierens in den menschlichen Kulturen geht mittlerweile davon aus, dass der menschliche Drang, das eigene oder fremde Aussehen mit Abbildungen in der Haut zu verändern, etwa ebenso alt ist, wie jener in Bezug auf das Aussehen von Wänden bzw. Höhlen. Die Tätowierung ist in allen bekannten menschlichen Kulturen verwurzelt. Neben der dutzendfach tätowierten Gletschermumie „Ötzi“ ließen sich u.a. auch Pikten und Skoten, frühe Christen, Kreuzfahrer, Pilger und viele europäische Adlige wie z.B. Jean Baptiste Bernadotte und diverse Habsburger bis hin zu „Sissi“ 7 tätowieren. Neben mehreren Stellen der Bibel (Moses 3/19/28, 2/21/5, Hesekiel 9/6, Jesaja 44/5, 49/16) finden sich Erwähnungen von Tätowierungen auch in der Weltliteratur wie z.B. (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.10.2022 11:12
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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