Aktuell im IPRB
Auf dem Weg zum digitalen Schuldrecht (Stierle, IPRB 2021, 66)Die Richtlinie (EU) 2019/770 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen muss bis zum 1. Juli dieses Jahres in das deutsche Schuldrecht umgesetzt werden. Ihr Anwendungsbereich ist denkbar breit und erfasst zahlreiche Leistungsvereinbarungen. Neben der Bereitstellung von Software oder elektronischer Bücher können ebenso Social Media-Plattformen, Cloud Services, Smart Cars oder Smart Homes in den Anwendungsbereich fallen. Auch im Detail birgt die Richtlinie zahlreiche Neuerungen wie den Einbezug von Daten als mögliche Gegenleistung des Verbrauchers, eine dauerschuldartige Pflicht zur Bereitstellung von Updates selbst bei einem nur punktuellen Leistungsversprechen oder die Verlängerung der Verjährung bei sich kurz vor Ablauf der Frist zeigenden Mängeln. Nun liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der all diese Aspekte in deutsches Gesetzesrecht gießen will. Er schafft nichts Geringeres als einen neuen Titel 2a im zweiten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der ein eigenes Vertragsrecht für digitale Produkte im B2C-Bereich implementieren soll. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über den wesentlichen Inhalt.
I. Hintergrund und Regelungssystematik des Entwurfs
II. Anwendungsbereich der §§ 327 ff. BGB-RegE
1. Grundsätzliches
2. Sonderfälle und Ausnahmen
3. Leistung des Verbrauchers
4. Anforderungen an den Rechtsbindungswillen
5. Einfluss von Betroffenenrechten oder Erklärungen nach dem Datenschutzrecht
III. Bereitstellung digitaler Produkte
1. Definition
2. Fälligkeit und Erfüllbarkeit
3. Beweislast
IV. Rechte bei unterbliebener Bereitstellung
V. Vertragsmäßigkeit digitaler Produkte
1. Produktmangel: subjektive und objektive Anforderungen, Anforderungen an die Integration
a) Subjektive und objektive Anforderungen
b) Anforderungen an die Integration
2. Produktmangel: Aktualisierungspflicht
a) Umfang
b) Folgefragen
c) Ausweg in der Kautelarpraxis
3. Rechtsmangel
4. Beweislastumkehr
VI. Rechte des Verbrauchers bei Mängeln
1. Nacherfüllung
2. Vertragsbeendigung
3. Schadensersatz, Aufwendungsersatz und Minderung
4. Verjährung
VII. Rückgriff unter Unternehmern
VIII. Fazit
I. Hintergrund und Regelungssystematik des Entwurfs
Aus Perspektive der Europäischen Union verkörpert die Richtlinie (EU) 2019/770 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (im Folgenden: DID-RL) einen wesentlichen Bestandteil der Strategie für den digitalen Binnenmarkt (ErwGr. 1 DID-RL). Digitale Leistungen im Rahmen von Vertragsbeziehungen sind aus kaum einem Wirtschaftszweig mehr wegzudenken. Die Richtlinie betrifft dementsprechend weit mehr als den klassischen Kauf von Software oder von elektronischen Publikationen. Audio-Streaming-, Social Media- oder Cloud-Dienste werden im Grundsatz ebenso erfasst wie Smart Car- oder...
