Aktuell im IPRB
Prozessuale Waffengleichheit in wettbewerbsrechtlichen Eilsachen (Newerla, IPRB 2020, 245)In diesem Beitrag erfolgt eine Besprechung und kritische Auseinandersetzung mit der aktuellen Entscheidung des BVerfG zur prozessualen Waffengleichheit in Eilrechtssachen (BVerfG, Beschl. v. 27.7.2020 – 1 BvR 1379/20). Das BVerfG hat in dieser Entscheidung die Feststellung getroffen, dass Gerichte keine einstweilige Verfügung erlassen dürfen, sofern der Informationsstand des Antragsgegners nicht exakt dem Informationsstand des Antragstellers entspricht. Mit dieser Entscheidung überträgt das BVerfG seine bisherige Rechtsprechung (BVerfG, Beschl. v. 30.9.2018 – I BvR 1783/17, – I BvR 2421/17) zur prozessualen Waffengleichheit in zivilrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren vom Presse- und Äußerungsrecht auch auf das Wettbewerbsrecht.
I. Ausgangslage: Das verfassungsrechtliche Recht auf prozessuale Waffengleichheit
1. Grundsatz: Keine Entscheidung ohne vorherige Gewährung rechtlichen Gehörs
2. Ausnahme: Spannungsverhältnis zwischen Dringlichkeit im Eilrechtsschutz und dem Recht auf rechtliches Gehör kann Waffengleichheit einschränken
II. Rechtslage vor der Entscheidung des BVerfG
III. Rechtslage nach der Entscheidung des BVerfG
IV. Würdigung
V. Zusammenfassung
I. Ausgangslage: Das verfassungsrechtliche Recht auf prozessuale Waffengleichheit
Das Recht auf prozessuale Waffengleichheit stellt ein grundrechtsgleiches Recht dar und leitet sich direkt aus dem Grundgesetz und dort den Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG ab. Somit leitet sich der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit aus dem allgemeinen Gleichheitssatz im Zivilprozess sowie dem Rechtsstaatlichkeitsgebot ab. Das Prinzip der prozessualen Waffengleichheit stellt insoweit sicher, dass die Parteien im gerichtlichen Verfahren nicht nur gleich behandelt werden, sondern auch die gleichen Handlungsmöglichkeiten haben. Es ist zudem Ausdruck der Unparteilichkeit der Gerichte.
1. Grundsatz: Keine Entscheidung ohne vorherige Gewährung rechtlichen Gehörs
Der Richter ist aufgrund des Gebots der prozessualen Waffengleichheit im gerichtlichen Verfahren verpflichtet, die Gleichstellung...
